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Die heilige Schrift des Islams


Gerade im Jahr 2012, in welchem die kostenlose Koranverteilung in Deutschland für eine sehr große Aufregung sorgte, erschien das Buch „Die heilige Schrift des Islams“ herausgegeben vom Herder Verlag in einem Taschenbuch Format.

Der Herder Verlag beschreibt sich selbst als einen der seit Jahrzehnten, führenden theologischen Verlage im deutschsprachigen Raum, welcher sehr viele theologische Werke anbietet(1) .

Der Autor des Buches Nicolai Sinai ist ein promovierter Islamwissenschaftler. Seit 2007 ist er Mitarbeiter des Projekts „Corpus Coranicum“ wo es um die Textdokumentation und Kommentar zum Koran geht. Und seit 2011 ist er auch Dozent für Islamwissenschaft an der Universität Oxford und Fellow von Pembroke College.(2)

Das Buch „Die heilige Schrift des Islams“ ist eine wissenschaftliche Monographie. Es ist eine Neuausgabe und behandelt das Thema rund um den Koran und erstreckt sich auf 126 Seiten. Der Autor unterteilt das Buch in vier Kapiteln. Sprachlich ist das Buch recht leicht verständlich und ist für alle die Interesse an diesem Thema haben gedacht. Sinai bedient sich der qualitativen Forschungsmethode, da er sich bei der Argumentation auf die bisher vorhandene und erschienene Literatur stützt.

Das Buch beginnt mit einer Einleitung, in welcher der Autor ganz klar sagt was er mit seinem Buch erreichen möchte. So sagt Sinai: „Das vorliegende Bändchen soll deshalb in bündiger Form eine wissenschaftliche vertretbare Synthese unseres Wissens über die Entstehung des Korans, über seine wichtigsten Inhaltlichen und literarischen Merkmale sowie über seine Rolle in der islamischen Tradition geben. In diesem Sinne geht es, wie im Titel versprochen, um die Vermittlung der wichtigsten Fakten zum Koran“ (Sinai 2012:7f).

Das Buch selbst so Sinai ist aus Diskussionen und Gesprächen, sowie auch aus seinen Vorträgen und Lehrveranstaltungen die er gehalten hat entstanden (2012:9).

Das erste Kapitel beginnt Sinai mit der Entstehung und Niederschrift des Korans, welches auf mehrere Themen eingeht.

Da es um die Herkunft des Korans und sogar um die Existenz Muhammads in den letzten Jahrzehnten heftig gestritten worden ist, sagt Sinai „dass es nach wie vor gute Gründe gibt, an einer Herkunft der Korantexte aus Westarabien und ihrer Verbindung mit einem Gemeindegründer Muhammad festzuhalten“ (2012:11).

So liefert Sinai im ersten Unterkapitel kurz den Aufbau des Korans und einen Überblick über das Leben Muhammads. Was gleich auffällt, ist die negative Darstellung des Umgangs Muhammads mit den Juden Medinas. Nach Sinai: „werden die jüdischen Bewohner Medinas, die Muhammads religiösen und politischen Führungsanspruch nicht anerkennen, vertrieben oder hingerichtet“ (2012:13).

Wohl aber finde ich das gesagt werden muss, dass es aus den islamischen Quellen bekannt ist, dass nach dem Muhammad in Medina ankam, ein Abkommen zwischen Muhammad und seinen Anhängern und den Juden der Oase stattfand, um aus ihnen eine einzige Gemeinschaft zu schaffen. Dieses Abkommen garantierte den Muslimen und Juden den gleichen Status. Erst nachdem die Juden das Abkommen verletzt haben, kam es zu den ersten Auseinandersetzungen zwischen Muhammad und ihnen(3) .

Nach Sinai, hinterlässt Muhamad lediglich „die Korantexte, die allerdings erst nach seinem Tod gesammelt und schriftlich aufgezeichnet werden“ (2012:13).

Es ist aber bekannt, das der Koran bereits zur Zeit des Propheten Muhammads niedergeschrieben worden war, jedoch noch nicht an einem einzigen Ort(4). Somit stimmt Sinais Behauptung nicht, dass der Koran erstmals nach dem Tod Muhammads verschrifftlicht wurde.

Weiter führt Sinai die Behauptungen von John Wansbrough aus den siebziger Jahren an, welcher behauptete dass die frühislamische Geschichte eine „Heilsgeschichte“ sei, und dass „der Ursprung des Islams in einer jüdisch-christlichen Splittergruppe geprägtes Milieu im heutigen Irak sei. Auch behaupten manche christliche und jüdische Texte, „Muhammad habe zum Zeitpunkt der ersten arabischen Angriffe auf Palästina noch gelebt“ (2012:16f). Die Meinung Sinais zu diesen Behauptung und Theorien, ist ersichtlich in dem er sagt: „Die These, der islamische Prophet habe gar nicht gelebt, stellt sich als unwahrscheinlich dar. Die Möglichkeit allerdings, dass Muhammad erst nach dem Einsetzen der arabischen Eroberungen verstorben sein könnte, ist angesichts der Vielzahl von Belegen wohl in Betracht zu ziehen (2012:19).

Im weiteren Verlauf widmet sich Sinai der Frage „Wann der Korantext schriftlich fixiert wurde, und in wieweit er als authentische Verkündigung Muhammads angesehen werden kann?“

So stellt Sinai die Verschriftlichung des Koran aus islamischen Quellen dar, eher er dann auf die alternativen Sichtweisen der Verschriftlichung eingeht (2012:19). Auch zur Frage ob es Nachprophetische Zusätze zum Koran gibt, sagt Sinai klar: „Da der Koran jedoch keine offensichtlichen Anachronismen enthält, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Vers als mit Sicherheit nachprophetisch identifizieren“ (2012:28) .Auch stellt Sinai fest: „Auch der Koran selbst vermittelt nicht den Eindruck, als habe er eine nachträgliche Überarbeitung erfahren“ (2012:29).

Das zweite Kapitel behandelt den historischen Kontext des Korans. Sinai behandelt hier die Frage „Warum es gerade in spätantiken Arabien zur Entstehung einer eigenständigen Offenbarungsschrift in biblischer Tradition kam“? Und inwiefern dort das jüdische christliche Gedankengut bekannt war?(2012:37). So sagt Sinai: „das der Jemen fünfzig Jahre durch die christliche Dynastie des Abraha und seiner Söhne regiert wurde“(2012:39).

Sinai führt an „das westliche Wissenschaftler immer wieder vermuteten, das Entstehungsmilleau des Korans könnte von Judenchristen geprägt gewesen sein“ (2012:43). Jedoch sagt er: „das jeglicher Beleg für eine Präsenz judenchristlicher Gruppen im Arabien in der unmittelbaren vorkoranischen Zeit fehlt“ (2012:43).

Im weiteren Verlauf des Kapitels geht der Autor auf das vorislamische Heidentum ein, und stell fest das: „um 600 auf der Arabischen Halbinsel tatsächlich noch pagane (nichtjüdische und nichtchristliche) Bräuche und Kulte dominierten“ (2012:44), und schildert die altarabische Religion im Spiegel des Korans dar.

Das dritte Kapitel behandelt die Inhalte und die literarischen Formen des Korans. Sinai geht dabei erstens auf die literarische Gestalt koranischer Suren ein, dann auf ihre ursprüngliche Verkündigungsreihenfolge sowie dann auf den intertextuelle Überschneidungen mit jüdischen und christlichen Traditionen ein (2012: 55).

Was die Verkündigungsreihenfolge der Korantexte angeht, sagt Sinai: „Auch der islamischen Überlieferung zufolge entspricht die heutige Anordnung der Suren, die sich am Kriterium absteigender Surenlänge orientiert, nicht der Reihenfolge ihrer erstmaligen Verkündigung durch Muhammad“ (2012:61).

Islamische Quellen sagen aber etwas anderes, und zwar dass die Abfolge und Anordnung der Suren den Muslimen wegen der täglichen Koranrezitationen beim Gebet in der Moschee des Propheten und an anderen Plätzen wohl bekannt war. Schließlich gibt es auch drei Überlieferungen bei Bukhari, die uns mitteilen, dass der Engel Gabriel den Koran mit dem Propheten einmal pro Jahr rezitierte, im Sterbejahr des Propheten sogar zweimal(5).

Ein weiteres Thema in diesem Kapitel, ist die Koranische Intertextualität. Es geht darum, dass man Muhammad unterstellt die Koranische Botschaft von der Bibel übernommen zu haben, da es Parallelen und Überschneidungen zwischen den Koran und der Bibel gibt.

Nach Sinai „springt jedem Leser des Korans, der Anklang vieler Koranstellen an biblische Erzählungen und Vorstellungen ins Auge“ (2012:71). Sinai führt zu diesem Thema die These von Christoph Luxenberg an, „dessen These von einer ‚syro-aramäischen Leseart des Korans‘ für großes Aufsehen Anfang des Jahrhunderts sorgte“ (2012:71). „Luxenberg zufolge liegt dem koranischen Korpus ein in syrisch-aramäischer Sprache verfasstes Christliches Werk zugrunde, welches erst nachträglich zu einem arabischen und islamischen Text umgedeutet worden sei“ (2012:71). Sinai erwähnt aber auch, dass die „Korantexte selbst immer wieder betonen, frühere Offenbarungen zu ‚bestätigen‘“(2012:72). Nachdem Sinai im Buch einige Vergleiche zwischen dem Koran und der Bibel machte sagte er: „Obwohl ich mehrfach Überschneidungen zwischen der koranischen Primärbotschaft und christlichen Vorstellungen betont habe, stellen die frühen Korantexte doch zugleich ein genuines Novum dar“ (2012:86).

Was diese Parallelen zwischen der Bibel und dem Koran angeht, finde ich das gesagt werden muss, dass „die Ähnlichkeit zwischen zwei Texten alleine oder zwei Büchern nicht zugleich bedeutet, dass die neuere Fassung von der älteren kopiert wurde. Beide könnten auf einer dritten gemeinsamen Quelle basieren. Und genau das ist die Argumentation des Korans. Gewisse Abschnitte der Bibel sind möglicherweise in ihrer ursprünglichen Form erhalten, und wenn Gott die Quelle beider Offenbarungen ist, erklärt dies die Existenz von Parallelen(6)“.

Im vierten und zugleich im letzten Kapitel, behandelt Sinai die Stellung des Korans im Islam. So stellt Sinai fest: „das die Koranexegese und das islamische Recht verschiedene Disziplinen sind“ (2012:105). Sinai weist darauf hin, dass bezüglich der Koranexegese, zwischen einer klassischen islamischen und einer modernen Koranauslegung unterschieden wird (2012:109-120).

Sehr interessant, fand ich die Wahl der letzten und zugleich abschließenden Thematik in Sinais Buch. Denn Sinai widmet sich der Fragestellung ob der Koran die Unterdrückung der Frau und die Gewalt gegen Andersgläubige rechtfertigt.

So sagt Sinai: „Dennoch bleiben genügend Verse, deren Wortlaut nichts Gutes verheißt. Was die Stellung der Frau betrifft, so lässt der Koran die Mehrfachehe mit bis zu vier Frauen zu, dem Mann ist die körperliche Züchtigung seiner Ehefrau erlaubt und Hinterbliebenen Töchtern nur die Hälfte des Erbteils von Söhnen“ (2012:121).

Mit dieser Thematik die sehr oft auch in den Medien als Vorurteil gegen den Islam benutzt wird, möchte Sinai seine Absicht, die auch in den vorherigen Kapiteln spürbar war erreichen, den Lesern nämlich das Negative Bild des Islams welches auch besteht zu bekräftigen, in dem er zuerst die Prophetenschaft Mohammads in Frage stellte. Dann die Behauptungen, der Koran wurde viel später niedergeschrieben und es bestanden auch Koranexemplare die sich vom heutigen Koran unterscheiden. Dann die Behauptungen der Ursprung des Korans seien die jüdischen und christlichen Quellen. Und nun zuletzt die Vermittlung, der Koran sei doch ein frauenfeindlicher Text.

Sinai, Nicolai: Die heilige Schrift des Islams. Die wichtigsten Fakten zum Koran, Verlag Herder, Freiburg/Basel/Wien 2012


1) www.herder.de/theologie/index_htm. (07.09.2013, 13:50)
2) Koran.bbaw.de/unser-projekt/mitarbeiter/assoziierte-mitarbeiter/dr.-nicolai-sinai (07.09.2013, 14:03)
3) Martin Lings 2000: Muhammad. Sein Leben nach den frühsten Quellen. Kandern. Spohr. S. 176
4) Ahmad von Denffer (2009): Ulum Al-Quran. Einführung in die Koranwissenschaften. Karlsruhe. DIDI. S.48
5) Ahmad von Denffer (2009): Ulum Al-Quran. Einführung in die Koranwissenschaften. Karlsruhe. DIDI. S.58f
6) Njozi, Mustafa 2005: Der Ursprung des Korans. Untersuchung der Urherberschaftstheorien. Karlsruhe. Andalusia Verlag. S. 56f.

 

09.04.2014 | E-Mail an die Redaktion

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